|
||||||||||||||||||||||||||||||||
Historie der Realteilung des Lauseberges 1839 Der historisch interessante Lauseberg, mit der einstigen kurmainzisch- welfischen Grenze, befindet sich heute im Landkreis Göttingen zwischen der Untereichsfeldgemeinde Krebeck und den Ortschaften Ebergötzen und Holzerode der Samtgemeinde Radolfshausen. Dieser im Jahre 1839 zur Verteilung anstehende Lauseberg hatte eine Gesamtfläche von rd. 241 Morgen (61ha). Er umfasst im Wesentlichen den Raum, der damals im Norden an das Krebecker Gemeindeholz, gegen Osten an den Krebecker Rothen (Ebergötzer Anger), im Süden an das Ebergötzer Gemeindeholz und gegen Westen an die Feldmark von Holzerode angrenzte (Abb. 1). Abb. 1: Blick von oben auf den weiß umrandeten Lauseberg, Quelle: Google Earth 2016 Historie Die Herren von Plesse bekamen von der Grubenhagenschen Linie der Welfen das Amt Radolfshausen oder Rallshausen zu Lehen. Im Zuge einer Erbteilung im Jahre 1543 bekam Dietrich der IV das alte Eigengut und sein Stiefbruder Franz das grubenhagsche Lehen Radolfshausen. Dazu gehörte auch der im Amt Radolfshausen liegende Lauseberg. Dieser war auch nach dem Salbuch der Herrschaft Plesse von 1571 kein plessisches Eigentum. Die Jagd und Hute war darin den „Edlen der Herrschaft Pleß“ vorbehalten. Die Hute wurde damals von den Domänen in Eddigehausen und Radolfshausen und den plessischen Untertanen von Holzerode und Ebergötzen ausgeübt. Dem kurmainzischen Krebeck wurde das Recht der Mithute gewährt und dass ebenfalls kurmainzische Wollbrandshausen (Untereichsfeld) dürfte Holz zu eigenem Bedarfe im Lauseberg hauen. Bei der Ausübung des Rechts der Holznutzung durch die Dorfschaft Wollbrandshausen sowie der Mithute durch die Einwohner von Krebeck kam es zu Streitigkeiten mit der Herrschaft Plesse. Denn sie hat diese Dorfschaften „aus dem Gehölze gejagt, gefangen geschlagen und gepfändet“. Im Gegenzug haben:“… die Amtleute gemeines Eichsfeld zu Erhaltung der Dorfschaften Gebrauch die Plessische Unterthanen, aus diesen streitigen Gehölzen wiederum gejagt, gefangen und gepfändet … gegen einander geübt … und einander verbittert aus dem aller nachbarlicher Wille, wenig befördert worden“. Franz von der Plesse hat im Vertrag von 1549 der kurmainzischen Dorfschaft von Wollbrandshausen „den Gebrauch in dem Gehölz Lauseberg bewilligt und eingeräumt und nachgegeben ... daß die Dorfschaft Wollbranshausen den Lauseberg nun hinför ohne Verhinderung der Herrschaft Pleß und ihre Unterthanen ihres besten genißen hawen und brauchen sollen“. Damit konnte der lang schwelende Streit gütlich beigelegt werden. Wollbrandshausen wurde verpflichtet, „daß Gehölz jährlich mit einer Ordnung und Morgenzahl zu hawen“. Die abgehauene Holzfläche soll „nach dem er gehauen drey Jahr die nechst nach einander Gehegt und mit keinem Fieh betreiben damit die Sommerlathen wieder aufwachsen und zu Holz werden mogen“. Das heißt, dass diese Flächen in „Zuschlag“ gelegt wurden und nicht beweidet werden durften, damit der Jungwuchs dem Maule des Weideviehs entwachsen konnte. Darüber hinaus wurde der Dorfschaft von Wollbrandshausen das Recht der Pfändung eingeräumt, wenn die plessischen Untertanen“ im Lauseberg „grünes oder dürres Holz sammeln oder hauen sollten“. Die Dorfschaft Wollbrandshausen musste als Gegenleistung für die eingeräumte Holznutzung im Lauseberg seit 1549 jährlich zu Martini „einen Canon (jährlicher Grundzins) von 8 Thaler für ein Faß Duderstädter Bier“(Bierzins) an die Edelherren von Plesse entrichten. Mit der Vertreibung des hessischen Amtmann aus Radolfshausen im Jahre 1596 endete auch die Hoheit der Hessischen Herrschaft Plesse der Landgrafen von Hessen-Kassel im Amt Radolfshausen und damit auch im Lauseberg. Das Amt Radolfshausen fiel mit den zugehörigen Dörfern und Gehölzen an den welfischen Herzog von Braunschweig. Ab dieser Zeit bis zur Neuordnung bzw. Aufteilung des Lauseberges im Jahre 1839 war dieser jährliche Grundzins von Wollbrandhausen an das Amt Radolfshausen zu entrichten. Die damals im Vertrag von 1549 eher angestrebte nachhaltige Waldnutzung ist im Endergebnis nicht gelungen, wie dem Rezeß von 1839 entnommen werden kann. Denn der Lauseberg wurde in der Folgezeit durch die ruinöse Abholzung der Wollbrandshäuser und die Überweidung durch die Weideberechtigten zu Ödland. Dass es keinen nennenswerten Baum- und Strauchbewuchs mehr gab, kann dem § 1 des Rezeßes (Vertrag) vom 2. September 1839 entnommen werden. Dort steht folgendes: „Der das Theilungsobject bildende Lauseberg, von welchem die Gemeinde Wollbrandshausen schon seit geraumer Zeit das früher darauf befindliche Holz völlig abgenutzt hat, und welcher seitdem gänzlich unbestanden ist“. Dies ist auch nicht verwunderlich in Anbetracht des Bedarfes an Nutz- und Brennholz in der waldarmen Ackerbaugemeinde Wollbrandshausen, die im Jahre 1821 539 Einwohner mit 106 Brennstellen hatte. Des Weiteren fand eine „Überweidung“ des Lauseberg durch die Weiderechte der Gemeinden Ebergötzen, Holzerode und Krebeck sowie der Domänen Radolfshausen und Eddigehausen statt. Auf einer Gesamtfläche von nur 240 Morgen 93 2/3 Ruten (rd. 61ha) weideten insgesamt 300 Rinder, 100 Schweine, 2.400 Schafe, etliche Pferde und Gänse. Die Gemeinde Ebergötzen durfte 100 Stück Rindvieh und die Gemeinde Holzerode 80-90 Kühen weiden lassen. Die Gemeinde Krebeck hatte das Weiderecht für Kühe, Kälber, Schweine, Pferde, Gänse und 600 Schafe. Die Domäne Eddigehausen besaß das Weiderecht für 1.400 Schafe und die Domäne Radolfshausen für 400 Schafe. Unweit des Rezeßsteines von 1837 auf dem Lauseberg befindet sich der Schäfertisch bzw. Schäferstein, der an die damalige Hutezeit erinnert. Es handelt sich um zwei flach aus dem Boden ragende Felsenplatten mit drei markanten Vertiefungen. Nach Überlieferung vertrieben sich hier die Viehhirten beim Hüten die Zeit mit Würfel-, Murmel- und Kartenspiel. Auf Grund des mittlerweile abgeholzten Lauseberges, verursacht durch die Einwohner der Gemeinde Wollbrandshausen, wollte diese den vertraglich vereinbarten und jährlich zu Martini zu leistenden „Bierzins“ nicht mehr entrichten. Im Rezeß von 1839, der auf Drängen der Wollbrandshäuser zustande kam, wurde daher die Nutzung des Lauseberges neu geordnet. In diesem wurde im §3 folgendes festgelegt: „ Die Gemeinde Wollbrandshausen, welche von dem gänzlich unbestandenen Lauseberge schon längst nicht den mindesten Nutzen als Forst gezogen hat, und wegen der weiten Entfernung desselben von Wollbrandshausen auch nicht im Stand ist, denselben wieder zu bepflanzen und gegen Holzfrevler zu schützen, leistet gegen Erlaßung des von ihr für ein Faß Duderstädter Bier jährlich zu erlegenden Canons von 8 Thaler, auf jede weitere Abfindung an Grund und Boden vom Lauseberge … wissentlich und ausdrücklich Verzicht; worauf der selbe lediglich unter den übrigen Interessenten zur Theilung kommt“. Wollbrandhausen wurde daher nicht mehr bei der neuen Nutzung des Lauseberges durch Flächenzuteilung berücksichtigt. Als Abfindung für die Weiderechte wurden den Gemeinden Krebeck, Ebergötzen und Holzerode je 55 Morgen 90,08 Ruten (14,51 ha) ohne Berücksichtigung der Bonität des Bodens im Lauseberg zugeteilt. Die Königliche Domainen-Cammer wurde mit 73 Morgen 63,41 Ruten (18,78 ha) abgefunden. |
||||||||||||||||||||||||||||||||
Gaußstein im Lauseberg (Realgemeindewald Holzerode)
Erinnert an die Königlich-Hannoversche Landesvermessung des kurmainzischen Untereichsfeldes im Jahre 1828, das 1816 Bestandteil des Königreiches Hannover wurde. Kulturhistorische Bedeutung des Gaußschen Vermessungssteines im Lauseberg Vorbemerkung Der Lauseberg, mit der einstigen kurmainzisch-welfischen Grenze, liegt geografisch im Landkreis Göttingen, zwischen der Untereichsfeldgemeinde Krebeck und den zur Samtgemeinde Radolfshausen gehörigen Ortschaften Ebergötzen und Holzerode. Es handelt sich um ein mit Wald bestocktes Gebiet, das im Jahre 1842 zu großen Teilen den Realgemeinden Krebeck, Ebergötzen und Holzerode vertraglich übertragen wurde. Im Lauseberg steht einer der wenigen und gut erhaltenen Gaußschen Vermessungssteine in Südniedersachsen als Kulturdenkmal, der an die Neuvermessung des hannoverschen Teil des ehemaligen kurmainzischen Untereichsfeld erinnert. Gaußsche Landesaufnahme des hannoverschen Teils des Untereichsfeldes 1828 Die Gaußsche Landesaufnahme (1827 bis 1861) ist die Fortsetzung der Kurhannoverschen Landesaufnahme, die auf Anordnung des Königlichen Ministeriums des Innern im damaligen Königreich Hannover entstand. Sie beschränkte sich auf jene Gebiete, die nach Vereinbarungen beim Wiener Kongress 1815 im Jahre 1816 ins Königreich Hannover eingegliedert wurden. Dies waren unter anderem die Stadt Goslar, das Stift Hildesheim und der hannoversche Teil des kurmainzischen Untereichsfeldes. Im Jahre 1820 erhielt Carl Friedrich Gauß den Auftrag zur Triangulation dieser neu erworbenen Teile des Königreiches Hannover. Sie wird unter seiner Leitung von Offizieren des Generalstabes und des Ingenieur- und Artilleriekorps im Maßstab der Kurhannoverschen Landesaufnahme im Anschluss an seine Arbeiten am trigonometrischen Netz ausgeführt. Die messtechnischen Arbeiten im Gelände des hannoverschen Teils des Untereichsfeldes wurde im Jahre 1828 von seinem Mitarbeiter, den königlich-hannoverschen Artillerie-Capitain Georg Wilhelm Müller durchgeführt. Seine besondere Eignung beschreibt Gauß wie folgt: „Dessen Brauchbarkeit ich schon seit längerer Zeit kenne, hat mir gleichfalls seine Bereitwilligkeit, die Stelle eines Gehilfen zu übernehmen, erklärt“. C.F. Gauß selbst führte alle Berechnungen der trigonometrischen Messpunkte durch. Er aber wirkte ab 1826 nicht mehr im Gelände mit. Der von 1991bis 2001 im Umlauf befindliche 10 DM-Schein mit Gauß erinnert u. a. an diese geodätische Leistung (Abb. 1,2). Auf der Rückseite des Geldscheines sind der von Gauß zu einem Vizeheliotrop umgebaute Sextant und das Vermessungsnetz des Königreiches Hannover abgebildet. Abb. 1: 10 Mark Schein-Vorderseite mit Gauß Abb. 2: 10 Mark Schein – Rückseite mit Vizeheliotroph und Vermessungsnetz Gaußstein im Lauseberg erinnert an die Vermessung des Untereichsfeldes Etwa 2,5 km westlich von der Untereichsfeldgemeinde Krebeck, 2 km südlich von Holzerode bzw. nördlich von Ebergötzen entfernt, steht der Gaußsche-Vermessungsstein auf dem Lauseberg. Es handelt sich nach dem Niedersächsischen Denkmalschutzgesetz um ein wertvolles Baudenkmal, das im Verzeichnis der Kulturdenkmale des Landkreises Göttingen (untere Denkmalschutzbehörde) erfasst ist. Es befindet sich rechtlich im Eigentum der Realgemeinde Holzerode, die es verpflichtend zu schützen und zu erhalten hat. In diesem Zusammenhang müssen auch noch die anderen wenigen, relativ gut erhaltenen Gaußsteine im Raum Göttingen / Northeim erwähnt werden. So der direkt neben dem Göttinger Bismarkturm auf dem Kleperberg, auf dem Weperkamm bei Hardegsen und auf dem Gieseberg bei Deiderode. Der „Gaußsche Vermessungsstein „Lauseberg“ erinnert an den Messpunkt „Lauseberg Pfahl“ der Gaußschen Landesaufnahme des 1815 durch Hannover erworbenen Teils des Untereichsfeldes durch den berühmten Mathematiker, Geodäten, Professor der Astronomie und Hofrat Carl Friedrich Gauß aus Göttingen und seine Mitarbeiter. Der Lauseberg war damals einer von 2578 Messpunkten für die Dreiecke, die der Landesvermessung im damaligen Königreich Hannover dienten. Zu beachten ist dabei, dass dieser Gedenkstein nicht von Gauß oder dessen Mitarbeiter aufgestellt wurde, sondern erst Jahrzehnte später in den 1860er Jahren durch hannoversche Generalstabsoffiziere, also lange nach dem Tode Gauß im Jahre 1855. Dieser wurde im Lauseberg jedoch ca. 345m entfernt vom ursprünglichen Gaußschen Dreieckspunkt „Lauseberg-Pfahl“ aufgestellt. Der Messpunkt „Lauseberg“ wurde von Gauß ausgewählt, weil man von dem damals nahezu baumfreien Standort freie Sicht zu den anderen für die Neuvermessung des hannoverschen Teils des Untereichsfeldes wichtigen „Gaußbergen“, wie den Hellberg (253m) bei Rollshausen, den Euzenberg (286m) bei Duderstadt, den Tockenberg (329m) auf dem Wieter bei Bühle, den Sonnenstein(486m) bei Holungen und den Dutberg (157m) bei Wulften als weitere Dreieckspunkte hatte (Abb.3). Abb. 3: Lauseberg-Dreiecke mit Messpunkten Tockenberg,, Wulften, Hellberg, Ab dem Spätsommer 1828 bis 1829 hat von dort sein Mitarbeiter, der hannoversche Artillerie-Capitain Georg Wilhelm Müller, unterstützt vom Lieutenant Joseph Gauß (Sohn von Gauß), die örtliche Vermessung des ehemals kurmainzischen Untereichsfeldes als neuen Bestandteil des Königreich Hannover vorgenommen. Die Triangulation auf dem Lauseberg erfolgte im August 1828. Nach dem Gaußschen Allg. Coordinaten-Verzeichnisses (ACV) von 1839, niedergelegt im Band 4 der Werke von Gauss, ist der Messpunkt „Lauseberg Pfahl“ mit den Koordinaten -6334,675m nördlich und 9.698,349m östlich zum Nullpunkt der Sternwarte Göttingen erfasst. Von diesem Messpunkt wurde in 10 verschiedene Richtungen zu den in Abb. 3 entfernten Punkten gemessen. Er war Schauplatz müheseliger Messarbeiten, wie dem Briefwechsel zwischen Gauß und Müller entnommen werden kann. In einem Brief vom 11. August 1828 aus Gieboldehausen berichtete Georg Wilhelm Müller an Gauß folgendes: „Zunächst denke ich mir den Lauseberg-Platz vorzunehmen. An diesem ist fast die Hälfte des Horizontes durch Waldung verdeckt. Bey mehr Übung werden hoffentlich die Meßungen befriedigender ausfallen als wie es hier jetzt der Fall ist. In einem weiteren Brief vom 20.August 1828 an Gauß berichtete Georg Wilhelm Müller: „In den Berglagen erfolgt das letzte Protokoll vom Lauseberg. Der Brocken wie der Wulften-Pfahl waren in der Regel sehr schlecht einzuschneiden und muß ich darin den Grund der geringen Übereinstimmung in den einzelnen Ableßungen des Zehnfachen der Winkel sehen. Da die Witterung so ungünstig ist so mußte ich nicht länger an Zeit auf dem Lauseberg versuchen, ich müßte sonst eine günstigere Luft abgewartet haben und auch die Ergänzungen der Winkel Brocken – Sonnenstein und Sonnenstein - Wulften haben messen können. Gauß teilt in einem Brief vom 22. August 1828 an Müller folgendes mit: „ Ihre eigenen Messungen geben dann einen relatanten Beweis, der Ihnen umso empfändlicher sein wird, da er unausweichlich die Notwendigkeit zur Folge hat, den Lauseberg noch einmal zu besuchen, wenn auch nur für eine oder ein paar Stunden“. In einem weiteren Brief vom 26. August 1828 an Müller teilte er u.a. folgendes mit:“ Um den Gyrus auf dem Lauseberg zu vollenden, hätte ich länger da bleiben müßen ….“. Als Ergebnis der Gaußschen Landesaufnahme entstand ein landesweites Kartenwerk mit 61 Blättern im Maßstab 1:21.3331/3. Das Kartenwerk wurde von 1827 bis 1861 von Offizieren des Hannoverschen Ingenieurkorps aufgenommen. Bei der Neuvermessung des hannoverschen Teils des Untereichsfeldes entstanden dabei zwei topographische Kartenblätter. Das Kartenblatt 17 Gieboldehausen (Abb.4) und das Kartenblatt 19 Duderstadt (Abb.5) von 1829-1832. Abb. 4: Gaußsche Landesaufnahme, Karte Eichsfeld, Blatt 17 Gieboldehausen Abb. 5: Gaußsche Landesaufnahme, Karte Eichsfeld, Blatt 19 Duderstadt Auf dem ca. 1,2 m hohen Steinpfeiler des Lauseberg-Gaußsteines lautet die auf allen vier Seiten umlaufend eingemeißelte Inschrift „Königl. Hannov. Landes Vermessung 1828“. Er diente nachfolgend nur noch bis zur Preußischen Landesvermessung 1875 als „Trigometrischer Punkt T.P. 297, u.a. zu Richtungsmessungen nach den Punkten Wulften, Trockenberg, Hellberg, Euzenberg und Sonnenstein. Danach hatte er keine vermessungstechnische Funktion mehr. Er geriet nahezu in Vergessenheit. Der einsam im Walde der Realgemeinde Holzerode stehende Gedenkstein wurde nachfolgend deren Eigentum. Im Lauf der ca. 150-jährigen Standzeit, in einem standortswidrig mit Fichte bestockten Wald, war dieser bei Sturmereignissen besonders großen Gefahren ausgesetzt. So zerbrach der aus einem Stück weißgelben Bausandstein quadratisch gefertigte massive Steinpfeiler (28,5 cm Kantenlänge) bei einem Sturmereignis Anfang der 1950er Jahre. Deutlich erkennbar an der Instandsetzungsfuge des Bruchbereiches im Mittelteil des Steinpfeilers (Abb.6). Der Kopf des Steinpfeilers war mit einer 12 cm dicken, quadratischen Sandsteinplatte (48cmKantenlänge) mit diagonal mittigen Loch als Beobachtungsplatte bestückt. Diese wurde durch eine fallende Fichte bei einem Sturm im Jahre 2011 irreversibel zerstört. Unter beratender Mitwirkung der Gaußgesellschaft Göttingen e.V. wurde eine neue Deckplatte vom Steinmetzmeister Wilfried Pabst aus Holzerode aus Material des benachbarten, früheren Röringschen Bausandsteinbruches abmessungsgerecht neu angefertigt und dem Steinpfeiler aufgesetzt (Abb. 6). Abb.6: Gaußstein mit neuer Deckplatte Zwei Jahre vorher, im Jahre 2009, wurde dieser Gedenkstein gereinigt und die Inschrift geringfügig und behutsam nachgearbeitet, um die Lesbarkeit zu gewährleisten (Abb.7). Dies unter Einbeziehung des Landkreises Göttingen als untere Denkmalschutzbehörde und mit finanzieller Unterstützung durch die Göttinger Gauß-Gesellschaft e.V. Abb. 7: Nachbearbeitung der Inschrift durch Steinmetzmeister Wilfried Pabst Den Sturm „Friederike“ am 18. Jan. 2018, bei dem der größenteils mit Fichte bestockte Lauseberg nahezu vollständig entwaldet wurde, überstand dieser Gedenkstein erfreulicherweise ohne Beschädigung. Denn dieser steht jetzt in einem Douglasien-Jungbestand ohne sturmlabile Fichten-Altbäume. Diese wurden nach dem Schadereignis des Jahres 2011 (mit zerstörter Deckplatte) zum Schutz dieses Kulturdenkmales präventiv im Zuge einer Erntemaßnahme mit entnommen. Dort, an einer neu ausgewiesenen Wanderstrecke durch den Lauseberg stehend, erinnert er als Gedenkstein an die Vermessung des ehemals kurmainzischen Teil des Untereichsfeld durch Carl Friedrich Gauß im Jahre 1828, als neuen Bestandteil des Königreiches Hannover. Weil er einer der wenigen und vor allem noch gut erhaltenen Gaußsteine ist, verdient er unsere besondere Beachtung und Wertschätzung. Carl Friedrich Gauß war im 19. Jahrhundert die wissenschaftlich bedeutendste Persönlichkeit an der Georg-August Universität in Göttingen. Eine Koryphäe der Mathematik, Astronomie, Physik und Geodäsie. Abb. 8: Gaußstein im Winter |
||||||||||||||||||||||||||||||||
Historie des Bannerholzes in Holzerode Das historisch interessante Bannerholz liegt ca. 2km südwestlich der Untereichsfeldgemeinde Bodensee, im östlichen Teil der Gemarkung des einstigen Plessedorfes Holzerode (Abb. 1).
Blick von oben auf das Bannerholz in der Gemarkung Holzerode mit Grenze (rot), Google Earth 2016 Es handelt sich um ein knapp 50 ha großes Waldgebiet, dass sich heute im Eigentum der Realgemeinde Bodensee im Untereichsfeld befindet. Bei alteingesessenen Einwohnern von Holzerode hält sich seit Generationen hartnäckig das Gerücht, dass die Holzeröder das Bannerholz bei einem Trinkgelage am Spieltisch verloren hätten. Dem ist aber so nicht. Denn das „Banser holte“ (Bannerholz) wurde schon 1538 vom Edlen Herrn Dietrich von Plesse als Mannlehen an einen Christoffer von Bodensen aus Bodensee per Lehnsbrief übertragen, so wie sein Vater (Joachim von Bodensen) schon beliehen war. In dem beurkundeten Lehnsbrief von 1538 beanspruchte der Edle von der Plesse aber weiterhin das Recht, „im Banser holte zu eigenem Bedarf Holz zu schlagen, ebenso die Jagd“. Auch im Lehnbuch der Herrschaft Plesse von 1568 steht, „das Benße holtz, haben die van Bodenßen zu Lhene“ und „... das gantze Benser holtz, ausgenomen waß deme hauß Plesß darin vorbehalten“. Das früher am Bannerholz anliegende „Liebfrawholz“ (Liebfrauenholz), beanspruchte das Michaeliskloster zu Hildesheim, weil „von alters her der Kirche zu Renshausen gehörig“. Für „die Gebrüdere Melchior undt Jobst von Bodenseh“, war dieses aber Bestandteil des Bannerholzes, so wie es ihnen „von Heßischen Landgrafen zu Lehn aufgetragen“. 1574 wurde diese Rechtsauffassung vom zuständigen „eichsfeldischen Oberamtmann Caspar von Bärlipssen“ aus Heiligenstadt bestätigt. Nach dem Ableben von Dietrich im Jahre 1571, den letzten Herrn der Plesse, erbte der Landgraf Wilhelm von Hessen-Kassel den plessischen Besitz. Im Jahre 1585 wurde Jost von Bodensehe vom Landgrafen Wilhelm mit dem „Banser holte“ beliehen. Sein Sohn Moritz, ebenfalls Landgraf von Hessen-Kassel, bestätigte dies durch einen neuen Lehnsbrief. Nach dem Aussterben des Geschlechtes derer von Bodensehe verlieh nach der Urkunde von 1597 der Landgraf Moritz von Hessen-Kassel den Besitz als Lehn an einen Rab von Amelunxen, seinem Amtmann zu Trendelburg und Helmershausen. Der Besitz des Lehnguts in Bodensee umfasste insgesamt 875 Morgen Land und das rund 190 Morgen große Banner Holze in der Gemarkung Holzerode der ehemaligen Hess. Herrschaft Plesse. Der hessischen Grenzbeschreibung von 1600 ist folgendes zu entnehmen: Im „ Baner holz, stehet die holzung denen von Amelunxen zu und die hoheit ist Plessisch“. Im Jahre 1850 wurde der Besitz, damit auch das Bannerholz, von Alwin von Ameluxen an die Gemeinde Bodensee für 60.000 Taler verkauft. Während das Land auf die 49 Gerechtsamen des Ortes anteilig verteilt wurde, ging der mit angekaufte Wald ungeteilt in den Besitz der Realgemeinde Bodensee über und wird seit 1905 in der Rechtsform einer Forstgenossenschaft bewirtschaftet. Die beschriebene Geschichte des Bannerholzes im einleitenden Teil, ist in dreierlei Hinsicht sehr bemerkenswert. Zum Ersten ist festzustellen, dass es nicht, wie sonst üblich, aus dem Allmendewald (im Besitz einer Dorfgemeinschaft befindliches Grundeigentum) der alten Markgenossenschaften entstanden ist, sondern durch die Abtretung herrschaftlicher Rechte. Zum Zweiten lag das Bannerholz in früherer Zeit als eichsfeldisches Grundeigentum jenseits der einstigen kurmainzischen Landesgrenze, in der ehemaligen Hessischen Herrschaft Plesse. Diese war von 1628 bis zur Eingliederung in das Königreich Hannover im Jahre 1816 im Besitz der hessisch-rotenburgischen Landgrafen in Rotenburg an der Fulda, jedoch unter der Oberhoheit der Landgrafen von Hessen-Kassel. Mit der Hoheit der Plesser und der Landgrafen als Rechtsnachfolger verbunden waren allgemein die Jurisdiktion (Gerichtsbarkeit), die Jagd, die Nutzung von Holz für eigene Zwecke und die Vergabe der Weiderechte. Daraus ergab sich, dass die Holznutzung denen von Amelunxen im damals kurmainzischen Bodensee zustand, während die hessischen Untertanen von Holzerode berechtigt waren, ihr Vieh dorthin zur Weide zu treiben. Der Wald hatte für die Menschen der damaligen Zeit lebensnotwendige Forderungen zu erfüllen. Er diente als Weide für das Hornvieh, als Mast für die Schweine und er hatte den Bedarf an Bau- und Brennholz zu decken. Dies erforderte den Mittelwald als Bewirtschaftungsform, der aus zwei Baumschichten bestand. Im Bannerholz der damaligen Zeit bestand das Oberholz aus überwiegend alten Eichen, seltener Rotbuchen, und einem Unterholz aus harten und weichen Laubhölzern, das in etwa alle 30 Jahre zu Brennholz abgeerntet wurde. Auf diesen abgeernteten lichten bzw. wenig beschatteten Flächen wuchs relativ gutes Futter fürs Weidevieh und die älteren Eichen und Buchen im Oberholz lieferten in Mastjahren Eicheln und Bucheckern. Die Eichen im Oberholz wurden als wertvolles Bauholz, z.B. für die Erstellung von Fachwerkhäusern, genutzt. Zur fairen Bewertung der damaligen Übernutzung der Wälder sind die vor Jahrhunderten herrschenden Zwänge zu beachten. Denn der Wald der damaligen Zeit „ war mehr allgemeine Lebensgrundlage als Einnahmequelle. Er wurde nicht bewirtschaftet, man lebte von ihm. Es war eine Frage des Überlebens, ob es gelang, den Viehstand durchzufüttern, die notwendigen Gebäude zu errichten und zu erhalten und das Herdfeuer zu nähren oder nicht. Das Motiv der Bereicherung aus dem Walde gab es unter solchen Zuständen gar nicht; es handelte sich um nackten Existenzkampf“. Eine nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes im heutigen Sinne gab es damals nicht. Zum Dritten ist das Bannerholz auch ein lehrreiches Beispiel, wie problematisch und schwierig es damals war, die Erzeugung von Holz und Waldweide nebeneinander auf gleicher Fläche auszuüben. Zur damaligen Zeit war es schon äußerst schwierig Waldweide und Holzerzeugung innerhalb der eigenen Hoheit nebeneinander im Einklang zu praktizieren. Dies war im Bannerholz nahezu unmöglich, weil sich zwei weniger freundlich gesinnte Ortschaften gegenüberstanden, die herrschaftlich und konfessionell getrennt, die Nutzung des Bannerholzes zu teilen hatten. Weil man sich schon früh dessen bewusst war, dass ein ungeregelter Weidebetrieb für den Wald verhängnisvoll werden konnte, gab es deshalb einschränkende Vorschriften in den Forst- und Holzordnungen. So durfte der Weideberechtigte nur so viel Vieh in den Wald oder zur Mast treiben, wie er „mit dem von seiner Hufe gesammelten Futter überwintern kann“. Abgetriebene Waldteile konnten für mehrere Jahre „in Zuschlag gelegt“, bis das Vieh die Gipfel des Nachwuchses mit dem Maule nicht mehr erreichen konnte“ und der holzige Aufwuchs durfte nicht niedergebrochen oder gehauen werden. So kam es u.a. im Jahre 1568 im „Benser Holz“ zu einem Streit der plessischen Holzeröder mit Melchior und Jobst von Bodensen wegen Schäden durch Weidevieh an seinem Holz und 1785 und 1786 mit den Amelunxen`schen Kurator wegen der Hude und Ausweisung hutbarer Plätze im Bannerholz. Dazu wurde eine zu starke Holznutzung praktiziert. Bei einer im Jahre 1717 durchgeführten Grenzüberprüfung zur Herrschaft Plesse wurde auch festgestellt, dass das Bannerholz „totaliter ausgehauen“ sei. Denn es wurde nicht nur Bau- und Brennholz eingeschlagen, sondern auch Holz für den Betrieb von zwei mittelalterlichen Glashütten. Dazu durften die Holzeröder ihr Weidevieh nur auf Triften zu bestimmten Flächen ins Bannerholz eintreiben. Die Triftgrenze wurde durch 16 Amelunxen- Steine von 1833 angezeigt. Die Befreiung des Bannerholzes vom Servitut des Triftrechts wurde im Jahre 1890 von der Realgemeinde Bodensee durch die Zahlung von 3.600 Reichsmark an Holzerode abgefunden. |
||||||||||||||||||||||||||||||||
Die Grenzsteine von 1810 an der einstigen welfisch-plessischen Grenze im Streitforst I. Historie der versteinten Grenze Die Besitzverhältnisse im Bereich des ca. 375 ha großen Forstortes „Streitforst“, der südöstlich unter dem Hünstollen zwischen diesem und den Wiesen des Weißwassertals in unmittelbarer Nähe zur Ortschaft Bösinghausen liegt, waren besonders in der Zeit nach 1571strittig zwischen der „Herrschaft Plesse“ des Landgrafen von Hessen-Kassel und dem welfischen Amt Harste bei Göttingen. Dieses Gebiet wurde sowohl von den Welfen als auch von den hessischen Plessern beansprucht. Daher auch der Name Streitforst. Bei den langen und erbittert geführten Streitigkeiten fanden allein in der Zeit von 1571- 1615 vier Förster gewaltsam den Tod. So im Jahre 1578 der Förster Heinrich Dieckmann aus Weende vom calenbergischen Amt Harste, der von „Schützen des ersten hessischen Försters Dietrich Plesse“ erschossen wurde. Im Jahre 1580 kommen der hessisch-plessische Oberförster Hans von Lauenstein und der welfische Förster Jobst Balzer vom Amt Harste bei einer wilden Schießerei im Streitforst zu Tode. Bei einer erneuten Auseinandersetzung zu Ostern im Jahre 1615 wurde „der aus Renshausen stammende Knecht von Lips Müller erschossen. Auf Grund dieser Vorkommnisse einigte man sich am 30. April 1616 auf eine „Interims-Theilung“ des Gebietes mit einer vorläufigen Grenze. Trotzdem kam bei einem erneuten Grenzstreit im Jahre 1787 ein weiterer Förster zu Tode. Dies war Anlass für eine endgültige Grenzregelung, niedergelegt im Vergleich des Jahres 1792. Der welfische Förster Meyenburg hat in den Jahren 1794-1795 die Streitforst vermessen und den Grenzverlauf für eine geplante Versteinung bestimmt (Abb. 1). Abb. 1: Bearbeiteter Ausschnitt einer alten Forstkarte des ehemaligen Staatlichen Forstamtes Bovenden II. Geografische Einordnung des Streitforstes mit Verlauf der Grenze Die damalige Lage des Streitforstes wird vom Förster Meyenburg im Jahre 1774 wie folgt beschrieben: „Dieses Forstrevier … grenzt gegen Nord und Nordwest an die in der Grafschaft Plesse belegenen hessischen Forst und Hessisch-Dreisches Feldland, gegen Südwest an den sogenannten Göttinger Wald, gegen Süden an die von Wangenheimschen Forsten und Bösinghäuser Feldmark, gegen Südost an die Ruhmannsche Holzung und Wiesen und gegen Ost grenzt dasselbe an die Amts Radolfshäuser herrschaftlichen Forsten…“. Heute befindet sich die Streitforst mit der einstigen welfisch-plessischen Grenze im Landkreis Göttingen zwischen den Ortschaften Roringen, Waake, Bösinghausen und Holzerode. Sie ist der südöstlichste Teil des Pleßforstes des Niedersächsischen Forstamtes Reinhausen im Flecken Bovenden. Das Gebiet des Streitforstes umfasst im Wesentlichen den Raum, der im Süden an der B 27 zwischen der Barwinkelwarte bei Roringen und dem Södderich bei Waake an den Göttinger Wald angrenzt. Im Osten wird er durch den Höhenrücken der Büsteppe und dem Weißwasserbach, im Norden vom Plackars über den Hünstollen hinweg steilabwärts zum Weißwassertal und im Westen durch die Gemarkungsgrenze von Roringen begrenzt. In etwa mittig verläuft die einstige versteinte welfisch-plessische Grenze von 1810 (Abb. 2). Abb. 2: Blick von oben auf den eingezeichnete Grenzverlauf (rot) mit den noch vorhandenen Grenzsteinen Die versteinte Streitforstgrenze von 1810 erstreckt sich in einer Gesamtlänge von 3,2 km von der B 27 bis ins Weißwassertal (Abb.2). Sie wurde damals mit 45 Grenzsteinen mit aufsteigender Nummernfolge gesichert. Der heute fehlende Stein Nr. 1 befand sich unmittelbar an der B 27 am „Hessendreisch“ bzw. dem späteren „Neuwaaker Feld“. Der letzte Grenzstein mit der Nr. 45 steht am Weißwasserbach, an der Grenze zur Gemarkung Bösinghausen und zum heutigen Niedersächs. Landeswald, Revier Bösinghausen des Forstamtes Reinhausen. III. Grenzsteine von 1810 Die an dieser Grenze gesetzten Steine von 1810 sind aus Bausandstein gefertigt. Die Steine (Breite: 36 cm; Tiefe: 28 cm; Höhe: 125 cm) haben einen tonnenförmigen Kopf. Die eine Schmalseite ist mit der laufenden Stein-Nr. und die gegenüberliegende mit der Jahreszahl 1810 beschriftet. Die Breitseiten sind mit den Hoheitszeichen versehen. Auf plessischer Seite drei übereinander sitzende „Andreaskreuze“, die mit einem senkrechten Strich verbunden sind, und
Nach der Eingliederung der Hessischen Herrschaft Plesse in das Königreich Hannover im Jahre 1816 wurde ein vorhandener Orginalstein umgearbeitet. Der Stein 42 mit der Jahreszahl 1810 wurde an der Schmalseite mit den Kürzel AR (Amt Radolfshausen) und der Jahreszahl 1823 ergänzt (Abb. 5). Am Ende der Grenzlinie am Weißwasserbach wurde 1823 ein Ersatzstein mit der Nr. 45 mit Wolfsangel als welfisches Hoheitssymbol gesetzt. (Abb.6,7).
Es bestehen begründete Zweifel, dass die Grenzsteine Nr. 43, 44 und 45 zur damaligen welfisch-plessischen Streitforstgrenze gehören. Wie man am Stein 45 (Abb. 6, 7) im Vergleich zum Orginalstein mit der Nr. 42 von 1810 (Abb.5) erkennen kann, tragen sie die Jahreszahl 1823 und sind im Steinquerschnitt am Tonnenkopf breiter und tiefer sowie in der Länge kürzer. Weiterhin fehlt das plessische Hoheitszeichen der Steine von 1810 und die Wolfsangel ist schmaler und weniger tief eingemeißelt. Ein weiteres Indiz ist der am Tonnenkopf des Stein 42 eingemeißelte, abknickende Grenzverlauf, der den Verlauf der Grenze der Grenzbeschreibung aus dem Jahre 1717 nachbildet (Abb. 8, 9). Dort ist folgendes zu entnehmen: „bis uf den Kneppelweg zwischen den hinterbreiden von den Braunschweig, Radolfshäusser und Plessischer wald, in einen Grentzweg, welcher von beyderseits herrschaften unterhalten werden muss ..“.
IV. Bestandesaufnahme der Grenzsteine von 1810 Von den ursprünglich gesetzten 45 Grenzsteinen, sind nach ca. 200 Jahren immerhin noch 27 Orginalsteine und fünf Ersatzsteine vorhanden. Dies ist dem Umstand zu verdanken, dass diese Steine ausschließlich im Wald stehen und dass sich diese seit ihrer Setzung in der Obhut des örtlich zuständigen Forstpersonals der früheren Ämter Bovenden, später Radolfshausen und heute Reinhausen befinden. Denn diese besitzen in hohem Maße ein Bewusstsein für die kulturelle Dimension der ihnen anvertrauten historischen Grenzsteine. Zum anderen können sie durch eine „steinschonende Waldbewirtschaftung“ zum bestmöglichen Schutz und Erhalt der Steine als geschützte Kulturdenkmale beitragen. Von den 27 Orginalsteinen sind 19 Steine relativ gut erhalten, wenig mechanisch, mehr witterungsbedingt beschädigt. An diesen Steinen sind nahezu alle Elemente, wie Jahreszahl, laufende Nummer, Wolfsangel und plessisches Herrschaftszeichen gut erkennbar erhalten. Leider waren drei gut erhaltende Steine oberhalb des Bodensockels abgebrochen, wie z.B. der Stein 23 (Abb. 10). Bei den 5 weniger gut erhaltenen Steinen sind nur noch einzelne Elemente erkennbar. Wie z.B. beim halbierten Reststein, auf dem nur noch die 4 mit angedeuteter 0 von der Stein-Nr. 40 erhalten ist (Abb. 11). Diverse Schadereignisse, wie z.B. durch umstürzende Bäume (Stürme) oder Holzerntearbeiten, haben die Steine 26, 32 und 36 nahezu zerstört. Der fragmentierte Stein 32 ist z.B. durch die unmittelbare Nähe zur Rückegasse zu Schaden gekommen (Abb. 12).
Steine, die unmittelbar auf einem Grenzweg sitzen, sind besonders bei Befahrungen und hier wiederum besonders beim Ausrücken von Holz gefährdet. Bäume, die den alten Steinen zu nahe kommen, werden im Zuge geplanter forstlicher Pflege- und Erntemaßnahmen präventiv steinschonend entnommen und in der Regel als Brenn- oder Nutzholz verwertet. In der Vergangenheit wurden nach Steinverlust fünf Ersatz-Grenzsteine an deren Stelle gesetzt. Drei Steine (Stein 18, 21, 24) aus Bausandstein und zwei Steine aus Kalkstein (Stein 26, 35). Die Ersatzsteine tragen nur noch die jeweilige Nummer, keine Jahreszahl oder Herrschaftszeichen. Über die Zeitpunkte der Setzung ist nichts bekannt. Zum leichteren Erkennen der Grenzline bzw. Wiederauffinden der Steine wurden früher markante Nachbarbäume mit der Wolfsangel markiert. Es kann auch angenommen werden, dass im Lauf der Zeit so mancher Stein durch Menschenhand (z.B. Sammler) widerrechtlich entfernt wurde und irgendwo als Zierde des Grundstückes dient. V. Erhaltung der Steine aus historischer Verantwortung Grenzsteine haben heute als Grenzzeichen weitgehend ausgedient. Sie werden heute mit moderner Technologie eingemessen und in digitalen Karten dokumentiert. Die vorhandenen Grenzsteine an dieser Grenze waren damals nicht nur ein zweifelsfreies territoriales Zeichen zur Sicherung der Ressource Holz für die jeweilige Herrschaft der Welfen und Plesser und ihrer Bevölkerung, sondern auch für die Wahrnehmung der Hute- und Weiderechte durch die örtlich anliegenden Ortschaften. Zum anderen sind sie ein wichtiges Zeugnis der wechselvollen Grenzgeschichte der Hessischen Herrschaft Plesse zum örtlich anliegenden welfischen Hoheitsgebiet. Sie erinnern uns an unselige Zeiten, in denen es zu gravierenden Grenzstreitigkeiten kam, bei denen fünf Menschen bei Schießereien zu Tode kamen, davon vier Förster. Hauptursache der Streitigkeiten war der nicht eindeutig und zweifelfrei festgelegte Grenzverlauf. Denn die damalige Grenzlinie orientierte sich weitgehend an eingeschlagenen Grenzpfählen oder ausgewählten und markierten Grenzbäumen, wie man der letzten hessischen Grenzbeschreibung von 1746 im Bereich des Streitforstes entnehmen kann: „von da auf 2 heinbuchenstöcke in den holtzweg hinauf auf an das Radolfshäusser holtz; hinunter in die Kneppeln grund an den Streit, am Streitholtz hinauf auf den Wackischen Stieg. Von dem Wackischen Stiege am Streit hinunter die Pfähle bis an den Göttinger wald“. Der beste Schutz für die bedrohten Grenzsteine ist zum einen das Wissen über ihre geschichtliche Bedeutung, ihr Aussehen und ihre Lage. Dazu wurden vom Verfasser die „steinernen Zeugen“ mit ihrer zugrundeliegenden Historie nach Zahl, Örtlichkeit und Erhaltung erfasst und dokumentiert. Das jetzt verantwortliche Forstpersonal des Niedersächsischen Forstamtes Reinhausen wird weiterhin mit einer „steinschonenden Waldbewirtschaftung“ zum bestmöglichen Schutz und Erhalt dieser historischen Steine als geschützte Kulturdenkmale beitragen. Akut bestand ein Handlungsbedarf bei drei an sich gut erhaltenen Steinen, die oberhalb des Bodensockels abgebrochen sind (siehe Abb. 8). Diese wurden mit relativ geringem Aufwand vom Verfasser wieder instandgesetzt. Mit Verlusten oder Schäden durch von Stürmen geworfene Bäume als höhere Gewalt muss auch künftig gerechnet werden. |
||||||||||||||||||||||||||||||||
Die Oberförster Lechte aus Holzerode im plessischen Forstdienst der Landgrafen von Hessen-Rotenburg Drei Generationen Lechte aus Holzerode waren insgesamt 125 Jahre lang als hessen-rotenburgische Förster und Oberförster im 17. und 18. Jahrhundert in den plessischen Waldungen zuständig. Diese erstreckten sich in etwa von Bovenden und Angerstein im Westen und Spanbeck und Holzerode im Norden. Im Süden grenzten diese im Bereich der heutigen B 27 zwischen Roringen und Waake an den Göttinger Stadtwald und die Realgemeindewälder von Roringen, Weende und Niklausberg an (Abb.1). Im Osten bis an Bösinghausen und zur einstigen kurmainzischen Grenze bei Renshausen und Krebeck, mit den Grenzgehölzen Butterberg, Osterholz und Bannerholz. Die Familie der Lechte, anfänglich Lichte bzw. Lichten genannt, gehört zu den ältesten Geschlechtern der Hessischen Herrschaft Plesse. Nach dessen Einwohnerverzeichnis wird erstmalig ein Michel Lichte als Landwirt aus Spanbeck erwähnt, geboren um 1525 in Spanbeck. Sein Sohn Christoph Lichte (1550- 1620) war Bürgermeister in Oberbillingshausen. Dessen Sohn Henrich Lichten (1581- 1666) war erst als Förster und später als Oberförster 55 Jahre im hessisch-rheinfels-rotenburgischen Forstdienst, mit Dienstsitz in Holzerode tätig. Dies als Nachfolger des ersten Oberförsters Simon Vöckel, dem um 1600 von den Landgrafen ein herrschaftlicher Hof in Holzerode übertragen wurde. Die bis 1816 in Holzerode residierenden Oberförster waren damals mit mehreren „Gehenden Förstern“ (Förster) bzw. „Hilfsförstern“ für die plessischen Waldungen zuständig. Sie waren dem hessischen Rentamt in Rotenburg an der Fulda unterstellt. Die Herrschaft Plesse war damals Bestandteil der „Niederhessischen Quarta“ bzw. der „Rotenburger Quart“. In einem am 14. Februar 1700 beurkundeten Lehensbrief der Fürstlich Hessen- Rheinfelsischen Rentkammer in Rotenburg an der Fulda, wurde der plessische Oberförster Henrich Lechte aus Holzerode und seinen Erben von den Hessen-Rheinfels- Rotenburgischen Landgrafen Wilhelm und Karl mit dem Hessischen Triesch, später „Hessen-Dreisch“ genannt, als Erbenzinsgut belehnt. Die Gründe für die Belehnung waren die langjährigen treuen Dienste bei der Bewirtschaftung der plessischen Waldungen und sein starkes Bemühen zur Rekultivierung des zu Ödland verkommenen Landes des hessischen Teils der Wüstung Meinershusen (Abb.1,2). Denn vor seiner Besiedlung war der Hessen-Dreisch eine „öde Weide von 40 1/2 Acker, 11 Morgen Wald und ein Morgen Ackerland“. Er war ehemaliges Dienstland für den „Reitenden Förster“(Oberförster). Dort errichtete er ein Gehöft in Fachwerkbau mit Wohn- und Nebengebäude (Abb. 3, 4) in unmittelbarer Nähe zur alten Heerstraße von Göttingen nach Herzberg. Im Hauptgebäude betrieb er eine gut gehende Gastwirtschaft. Ab dieser Zeit wohnte er auf dem Triesch und nicht mehr in Holzerode. Von dort aus nahm er auch seine Amtsgeschäfte als Oberförster der Hessischen Herrschaft Plesse wahr. Auf dem hessischen Grund und Boden der ehemaligen Wüstung „Meinershusen“ (Abb. 2) beginnt Henrich Lechte mit der Kultivierung von neuem Land. Er rodete Teile des Waldes, die er neben den offen gebliebenen Flächen des Hessen-Dreisches nutzte. Sein jüngster Sohn Johann Konrad (1701-1749), letzter Oberförster am Hessendreisch, erbte den Besitz des Lehngutes im Jahre 1721. Im Jahre 1743 musste er den Hessendreisch an den Rodemüller Dove verkaufen. Der Hessendreisch mit Gehöft ging 1819 an Georg von Wangenheim in Waake über, der daraus das Vorwerk „Neuwaake“ machte. Dieses gehört territorial zu Bovenden. Vor 1816 war der Hessendriesch mit dem Gehöft Bestandteil des plessischen Gemeindebezirkes Holzerode mit der Hausnummer 1. Diese Hausnummer wurde bis zur Gebietsreform in Jahre 1973 offengehalten. Abb. 1: Hessisch-Triesch bzw. Neuwaake, mit Standort des früheren Gehöftes Lechte, Abb. 2: Ausschnitt der Karte Plesse von Moers 1582 mit dem hessischen und hannoverschen Triesch als „öde“ Weide“ in der Meinershäuser Flur Abb. 3: Hessendriesch in bearbeiteter Karte von Wencks 1783- Hessische Herrschaft Plesse und dem Amt Neuen Gleichen. Gehöft (grün), Grenze zu Kurhannover (blau) Abb. 4: Vorwerk Neu-Waake am früheren Hessen-Dreisch nach Gemälde von Kretschmer 1846 Die Gaststätte wurde wegen der nicht mehr lohnenden Bewirtschaftung aufgegeben, nachdem im Jahre 1831 die alte Heeresstrasse im Bereich Neu-Waake in der Linienführung der heutigen B 27 begradigt wurde und im Jahre 1838 ein neues Gasthaus am Södderich bei Waake errichtet worden war. Der welfische Förster des Streitforstes verlegte seinen Dienstsitz in die Räumlichkeiten des ehemaligen alten Gasthauses. Mit der Einrichtung der preußischen Försterei Bösinghausen wurde der dortige Dienstsitz im Jahre 1869 aufgegeben.
|
||||||||||||||||||||||||||||||||